Wie ist das mit uns Frauen und der Lust?

Heute möchte ich über eine Sache reden, worüber wir in der Regel nicht reden, vielleicht halten wir es auch nicht für essenziell? Ist es aber!
Ich zum Beispiel tue so, als ob es wichtigeres gebe, als dies, tue ich das Thema in einen Topf, und Deckel drauf – allerdings stosse ich immer wieder auf Forumseinträge oder auf das Thema, im Kreise befreundeter Patientinnen im geschütztem Raum.
Ich wurde kurz nach meiner Diagnose, einmal zu der Sache beim Arzt befragt, und seit dem nie wieder, obwohl ich seit dem mehrere Ärzte besucht habe. Zugegeben, man hat mit MSA andere Probleme als Sexualität, und das Thema rückt in den Schatten. Bemerkenswert ist es aber, dass mit Einschränkungen (Erektionsstörungen) der Männer, wird fast überall beschäftigt. Woran liegt das, das die Probleme der Frauen hier kaum Beachtung finden?

Für mich persönlich ist das Ganze seit ziemlich langem auch kein Thema mehr, ich habe keinen Partner, und bis auf ein kurzes Moment wo ich das ganze in Frage gestellt habe, aber danach war das Thema für mich auch erledigt.

Ich war früher auch etwas komplizierter gestrickt, wenn man aber passiv ist, „steht“ man das ganze einfach durch (wie schrecklich). Das war ich aber nicht. Ich sehe es immer wieder in Foren und Gruppen, dass Sexualität und MSA Frauen beschäftigt, und sie wissen nicht wohin mit ihren Zweifel und Fragen. Betrifft das nur sie, oder andere vielleicht auch? Hierzu findet man, nicht mal in in den hintersten Ecken des Internets Infos.

Vor allem Frauen die in Partnerschaft leben, beschäftigt das Ganze. Die haben einen Partner, und die fühlen sich eh schon schlecht, oder oft als Ballast, die das Leben des Partners erschwert. Das sind gesunde Menschen, die durch die Krankheit des anderen, eh schon auf vieles verzichten, und das eigene Bedürfnis zurückschrauben müssen. Natürlich möchten die gesunde und normale Sexualität ausleben.

Ich habe ein paar mal die tiefe Zerrissenheit von Patientinnen miterlebt, und es zerreißt mir das Herz, da ich mitfühlen kann. Aus eigener Erfahrung weiss ich wie das ist, das eigene Körper nicht mehr zu mögen, den nicht mehr zu trauen, sich nicht begehrenswert fühlen. Durch die Krankheit hat sich das eigene Körper oft verändert, eventuell etliche Kilos sind rauf oder runtergegangen, erogene Zonen funktionieren nicht mehr richtig, (Frau wird zB. nicht feucht, was aber für Geschlechtsverkehr essentiell ist), Inkontinenz kann eine Rolle spielen, der Körper kann unerwünschte Geräusche in unerwünschten Momenten entlassen, etc.. Ich habe von jede Frau, deren Einstellung ich in dieser Sache kenne, bestätigt bekommen, dass die eigene Lust leidet und dass die von eigenen Körper enttäuscht sind. Mal zugegeben, welche Frau bekommt bei solchen Gedanken Lust? Frau möchte aber die eigene Partner, der sich eh schon liebevoll um einen kümmert, nicht abweisen. Aus dem Grund wird oft abgenickt und Liebe gemacht. Was allerdings für Frauen mit dieser Krankheit ein zusätzlicher Ballast sein muss, und mir die Haare im Nacken aufstellt. 

Viele Männer sagen zwar „ich mag dich auch wenn….“ – uns hilft das aber leider nicht, die Lust der Frau funktioniert anders als die von dem Mann. Wir müssen uns selbst mögen. Ich weiss zB. wie störend ich es empfände, dass ich von allem außer Atem käme, wie mich das eigene Bewegungseinschränkung stören würde. Mich einem Mann einfach hingeben, das war ich nie, und könnte ich es jetzt auch nicht als Kompromiss eingehen.

Liebe Männer, hört also auf zu sagen „ich finde dich aber auch so und so anziehend“. Mann kann den Spruch sparen. Einfühlsames und cleveres Fingerspitzengefühl halte ich für viel mehr für Zielführend. Muss ich aber ehrlich zugeben, dass ich (persönlich) das kaum einem Mann zutraue. Aber auch dass mir die zu kurz gekommene Männer ebenso leid tun. Wir ticken in diese Sache entscheidend unterschiedlich, und wir Frauen sind leider viel komplizierter als Männer.

Des weiteren habe ich mit dem Begriff „Anorgasmie“ Bekanntschaft gemacht. Ich habe von den meisten Frauen erfahren, die ich zu diesem Thema gesprochen habe, dass die unfähig geworden sind, einen Orgasmus zu erleben. Dazu fällt mir ein, dass ich schon davor auch „keine leichte Beute“ war, und der Mann sich schon anstrengen musste – vielleicht waren das schon Anzeichen der Krankheit? Wer weiss? Alles in allem ist das schrecklich und traurig darunter zu leiden.

All diese komplizierte Fragen lassen dieses Angelegenheit für mich unterm Teppich kehren. Manchmal bin ich froh keinen Partner zu haben und diese Probleme zu sparen. Manchmal hätte ich doch gerne einen Partner und frage mich „war das dann alles?“.

Alles in allem stelle ich fest, dass diese Themen, das managen der Symptome  zusätzlich erschweren. Und auch weil es ein bisschen Tabuthema ist. Welche MSA-Patientin, mit anderen schweren Symptomen, wird seine Frauenarzt oder Neurologen zu Rate ziehen? Und dabei ist es eine doch ernst zu nehmende Thema, die unsere wunde Seele noch mehr strapaziert.

Ich wünsche mir hier mehr Sensibilität, Beistand und Aufmerksamkeit.

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