Komplextherapie

Viele Grüße aus Biskirchen aus der Gertrudisklinik! Ich bin seit Montag hier und bleibe insgesamt drei Wochen. Also über die Feiertage, aber daher dass ich nicht unbedingt der Weihnachtsmensch bin, ist das OK – ausserdem ist es hier reich und aufwändig weihnachtlich dekoriert Dafür wird es über die Feiertage schön ruhig, viele reisen jetzt schon ab, und vom Personal gehen viele in Urlaub.

Dass ich grade jetzt hier bin, war eigentlich nicht beabsichtigt. Ich konnte bis jetzt wegen meine Studie nicht her, weil man während der Studie die Medikation nicht verändern darf, und das würde hier so kein Sinn machen. Meine Studie war leider Ergebnislos daher habe ich die etwas frühzeitig beendet und dafür bin ich dann jetzt hier.

Also hier ist es schön ländlich, gäbe es Schnee, wär es sicher ein Winterwunderland. Die Ärzte und das Personal sind sehr zuvorkommend, aufmerksam, hilfsbereit und kompetent. Ich bin hier momentan die einzige MSA Patient und wahrscheinlich auch die jüngste Patientin, der Rest sind Parkinson-Patienten hier, Altersdurchschnitt eher über siebzig, viele in Begleitung von Partner. Dass ich allein bin, bin ich schon gewohnt. Immerhin habe ich inzwischen einige nette Bekanntschaften gemacht. Das Essen ist hervorragend (das dass von mir gesagt wird, bedeutet schon viel!), die Zimmer sind groß und geräumig.

Ich vergleiche das hier oft mit der Reha vor zwei Jahren. Mir fällt das jetzt so richtig auf wieviel schlechter ich geworden bin. Zuhause, in dem gewohnten Trott, geht das unter. Vor zwei Jahren bin ich noch mit dem Zug alleine hingefahren (von München nach Konstanz am Bodensee), das wäre jetzt unmöglich. Inzwischen kann ich ohne Rollator keinen Schritt machen. Zu dem Zustand hat sicherlich das letzte Jahr beigetragen, in diese Wohngruppe, wo man praktisch allein das Haus garnicht verlassen konnte. Gehen tue ich viel mehr als zuhause. Gehen von einer Behandlung in das andere oder in das Restaurant. Ziemlich lange Wege hier, in eine Richtung locker 200 Meter, was für mich schon eine große Herausforderung ist. Ein Bereich ist auch etwas abschüssig, was für mich der Horror ist. Einen gesunden Menschen würde das garnicht auffallen. Es wurde mir angeboten, ein Helfer kann mich gerne von A nach B schieben in Rollstuhl, ich verzichte aber lieber drauf. Ich könnte meine Mahlzeiten auch Zimmer einnehmen, ich quäle mich lieber ins Restaurant, dort muss ich mich auch mehr anstrengen, mich adäquat zu ´benehmen, nichts kaputt machen, nicht kleckern und mein Wasser in das Glas schütten und nicht daneben. Ich hoffe das Leiden bringt was, sich gehen lassen ist sicher nicht vorteilhaft. Vor zwei Jahren durfte ich ohne Aufsicht an den Geräten trainieren und das Schwimmbad benutzen, jetzt geht das alles nicht mehr. Auf den Weg überholen mich eloquent Menschen die 20 Jahre älter sind als ich. Wenn wir von Grupppengymnastik rausschlürfen, sieht es aus wie der Zombie-Apokalypse…

Aber es geht darum dass es mir nach drei Wochen hier besser geht als vorher. Mein Ziel ist möglich lange beweglich und etwas besser belastbar zu bleiben. Es werden jetzt auch Medikamente probiert. Ich habe bis jetzt eigentlich abgelehnt was zu schlucken, aber mein Leidensdruck ist inzwischen zu groß. Levodopa-Test wurde vor drei Jahren gemacht, damals ohne Ergebnis, damals waren allerdings meine Symptome noch ganz mild. Vielleicht machte es sich nicht bemerkbar? Jetzt wird ein Versuch nochmal gemacht, es wird grade hochdosiert, merken tue ich noch nichts. Bleibt zu hoffen das es was bringt. Andere Patienten hier sind alle zufrieden und bei jeden hat es was gebracht.

Die Bewegung hier sind schonmal was Wert.

Euch allen schöne Weihnachten ein gutes Neues Jahr.

3 Antworten auf „Komplextherapie“

  1. Liebe Marta,
    ich finde Deine Texte immer wieder wunderbar! Trotz allem Ernst dieser schrecklichen Krankheit hast Du Dir Humor bewahrt – lach mich grade weg über die „Zombie – Apokalypse“ – tut mir grade sehr gut. Ich wünsche dir von von Herzen ein schönes Weihnachtsfest und viel Erfolg weiterhin!
    Liebe Grüße Silvia

  2. Liebe Martha , ich finde deine Art zu Berichten sehr erfrischend , es lässt einen die Tragik die dahinter steht etwas vergessen. Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest und weiterhin viel Kraft liebe Grüße Monika

  3. Liebe Marta,
    ich freu mich immer, einen neuen Text von dir zu lesen. Ich bin die Frau von Wolfgang (aus eurer Stammtisch-Gruppe).
    Da ich die Krankheit gut kenne, ist es für mich erstaunlich und bewundernswert, wie du dein Leben alleine meisterst. Als Begleiterin nimmt man dem Betroffenen manchmal vielleicht auch manches ab, was er selbst noch könnte, eben langsamer.
    Du hast dir, so wie es aussieht immer noch den Humor bewahrt, das erfahren wir als Familie bei Wolfgang auch.
    Ich wünsche dir eine gute Zeit in der Klinik und Kraft, Energie und Ausdauer für alle Tage.
    Herzliche Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert