Der schwarze Hund – Das unangenehme Gespräch

Mit Diagnosenstellung zieht er bei dir ein und wird dich so schnell nicht wieder verlassen. Du bekommst gesagt: Es ist ALS, Lungenkrebs, MSA oder eine andere Pestilenz, die du nur schwer beeinflussen kannst.  Da hockt er also und hat dich fest im Blick, während du überlegst „wie sag ichs meiner Familie, Freunden oder Arbeitgeber?“
Man weiß gar nicht wie man damit umgehen kann/soll. Es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Und mit Kinder, erst recht wenn sie klein sind, hat man zudem noch zusätzliche existenzielle  Sorgen.
Viele scheuen sich die Kinder mit ins Boot zu holen ( egal welchen Alters). Man möchte sie schützen. Kinder haben jedoch feine Antennen und nehmen die veränderte Situation besonders intensiv wahr. Sie trauen sich aber oft nicht, darüber zu sprechen. Insbesondere, wenn sie “spüren”, dass die Erwachsenen nicht offen damit umgehen! Kinder beziehen das dann oft auf sich, können Schuldgefühle bekommen.

Daher haben auch Kinder haben das Recht auf Information und sind viel stärker und belastbarer als, Erwachsene denken. Bei einem offen ehrlichen Gespräch mit der gesamten Familie können

  • mögliche Missverständnisse geklärt,
  • das Vertrauen untereinander gestärkt und
  • die neue Lebenssituation gemeinsam bewältigt werden
www.traube-Koeln.de. Ähnliche Organisationen gibt es in anderen Städten auch.
Bei meiner Arbeit auf Intensiv war ich immer ein Verfechter davon, dass Kinder auf Intensiv Oma /Opa/Mama oder Papa besuchen sollten, auch im Interesse der Kinder.
Natürlich nicht in der Hochphase der Sepsis, wenn Oma 35 Liter Wasser zuviel an Board hat!!!!
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn Kinder gut vorbereitet sind und auf Intensiv kamen, sie eher sachliche Fragen hatten. Wofür der Schlauch ist, wofür das Pflaster ect.?
Auch wenn Angehörige sterben, finde ich sollte man den Kindern ermöglichen sich zu verabschieden. Als mein Opa gestorben war, habe ich noch gesagt bekommen „Behalte Opa so in Erinnerung, wie du ihn kanntest“. Gleichzeitig unterhielt man sich jedoch darüber wie mein Opa aussah.
Wenn Erwachsene einen Abschluss brauchen, warum gestattet man es den Kindern nicht?
Allerdings gibt es auch viele Kinder, die die Pflege von Mama oder Papa übernehmen. Kinder sollten Kinder bleiben, sie sollten fröhlich sein, wenn ihnen danach ist und weinen wenn sie traurig sind. Eine befreundete Exkollegin (sie arbeitet u.a. bei Traube Köln) hat mir erzählt wie sie mit Kindern arbeitet das ist kein Hexenwerk, sondern sie geben den Kindern Raum für ihre Wut, Angst, Fröhlichkeit ect.
Die Kollegin plädiert für eine Begleitung schon zu Lebzeiten auch für neurologische Erkrankungen wie ALS, MS, MSA ect. Für Erwachsene aber auch für Kinder der Betroffenen.
Ich finde das ist eine großartige Idee aber leider nur in der 1:1 Betreuung realisierbar. Und ich muss euch jetzt nicht von mangelnden Geldern erzählen.
Dein fußballaffinen Twitterer rufen zu jeder Saison eine #Saisonspende aus. Die Konditionen bestimmt jeder selbst. Pro Tor von Jonas Hector, pro Weiße-Weste-Spiel vonTimo Horn usw. spendet man an eine gemeinnützige Organisation.
Auf Intensiv ist der schwarze Hund jederzeit allgegenwärtig und auch bei mir ist er eingezogen. Natürlich macht man sich Gedanken wie man gepflegt werden möchte und was für einen Lebensqualität ist! Ich möchte keine Beatmungssituation zu Hause und auch keine Reanimation. Und ich hoffe meine betreuenden Ärzte (sollte ich auf  Intensiv liegen) ordnen früh genug einen Morphinperfusor an.
Ich habe da auch mit meiner Schwester drüber gesprochen- das ist nicht leicht und manchmal fließen auch die Tränen. Aber es belastet sie nicht und wir haben die Scheu davor etwas abgebaut. Sie weiß auch das ich mir wünsche, im effzehtrikot, unter einem Baum zu liegen und das Würstchen gegrillt werden sollen.
Mit der Chefin habe ich mal darüber gesprochen. Ja, ja ich weiß Patientenverfügung und so, aber ich habe 30 Jahre auf Intensiv gearbeitet!

4 Antworten auf „Der schwarze Hund – Das unangenehme Gespräch“

  1. Ende Februar jährt sich meine Diagnose MSA C. Du hast toll geschrieben, wie wichtig der
    Austausch ist. Ich fühle mein Bauchgefühl bestaetigt mir einen erfahrenen Gesprächspartner, sei es Therapeutin, Seelsorger oder sonstwas sein, schon jetzt zu suchen.

    1. Liebe Manuela,
      Ich wünsche dir , dass du zügig jemand freundlichen, Kompetenten und emphatischen Gesprächspartner findest!!! Liebe Grüße Ma rion

  2. Ich sitz hier oft und heule wie ne irre,wenn ich Deine und Martas Zeilen lese.
    Ihr seid so ,,Stark “
    Obwohl……das ist nicht das richtige Wort.Ihr kümmert euch früh genug.Bei Martina ist jetzt noch nicht alles geklärt,obwohl Sie schon so ,,weit“ ist.
    Bei Ihr ist alles schief gelaufen und alles so spät in die Wege geleitet worden.Martina Tochter ist Ihre Betreuung ?
    Auch will ich anmerken das die Tochter seid 2 Monaten Ärztin ist.Drum kann ich mir das Verhalten nicht erklären. Wenn ich Vorschläge mache,die ich Durch euch 2 bekomme, dann ist das immer alles sinnlos.Es hört sich immer an wie…….Ach die ist schon so weit und Sie stirbt eh.
    Daran geh ich echt kaputt.
    Wenn das Heim nicht so weit wäre,dann wäre alles anders.Ich bin halt keine Familie……nur die Freundin eben.
    Ich wünsche euch allen von Herzen nur das Beste.
    Ihr liegt mir am Herzen

    1. Liebe Klaudia
      Als erstes bist du nicht „nur“ die Freundin, sondern scheinbar DIE FREUNDIN. Du tust für sie was du kannst und das weiß Martina bestimmt zu schätzen. Und davor ziehe ich meinen Hut.
      Ich weiß nicht wie das Verhältnis zwischen den beiden ist aber vielleicht hat die Tochter Angst und das sie Ärztin ist hat nix zu sagen. Zum einen weil sie in dem Fall nicht Ärztin sondern Tochter ist, zum anderen weiß ich was du meinst.
      Fühl dich gedrückt ?. Lieben Gruß (auch an Martina) Marion.

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