Wie gehts?

Aktuell beschäftige ich mich viel mit Schmerz. Primär aus eigener Bedürfnis und Not. Fast täglich fragen mich Menschen wie es mir geht, und ich habe damit mehrere Probleme. Oft beantworte ich die Frage mit einem allgemeinen „Wie immer“. Dabei ist die Frage oft garnicht oberflächlich gemeint (was auch oft genug vorkommt) und eine genaue Antwort wichtig wäre.

Es sind oft Therapeuten die wissen wollen wie es einem geht um das geplante Programm passend schnitzen zu können. Weil ich oft eine schwammige, ungenaue Antwort gebe, fallen die Stunden oft ineffektiv aus, ich werde nun oft nicht genau verstanden und vorsichtshalber wird weniger und sanfter gearbeitet.

Mein Problem sind mehrere Dinge. Weil meine Sprache abnimmt, fällt eine ausführliche Beschreibung schwer. Ich mag auch nicht täglich lang lamentieren, eine kurze Antwort ist ja nicht möglich. Oft mache ich mir selber nicht genug Gedanken. Akkurat zu beschreiben wo und was ich habe erfordert Zeit und ich muss mich aktiv damit auseinandersetzen wie genau es mir geht.

Ich höre oft von anderen MSA-Patienten Aussagen wie „Mir tut alles weh“, „Ich habe so furchtbar schwere Beine“ oder „Ich kann mich von Rückenschmerzen kaum bewegen“. Ich selber habe Probleme damit, eine genaue Vorstellung zu machen, was genau das für Schmerzen sind. 

Wir alle nehmen Schmerzen individuell war. Es gibt Menschen die sehr empfindlich, wehleidig und ängstlich sind, wiederum andere halten viel aus. So ist es sicher auch nicht einfach den Schmerz zu kategorisieren und sachlich einzuordnen.

Es gibt auch Tage an denen man empfindlicher ist, ob das mit dem Wetter, den Mond oder mit der eigene Psyche zu tun hat, das weiss ich auch nicht.

Auf alle Fälle, die Wichtigkeit des ganzen ist mir jetzt klar. Wie können wichtige und nah stehende Menschen unser Befinden sich einstufen, wenn wir selber es kaum können. Und ein angemessenes Verhalten uns gegenüber ist nur möglich, wenn diese Menschen genau wissen wie es uns geht. Sind wir in Lage ein Spaziergang (ob am Stock, mit Rollator oder mit Rollstuhl) zu machen? Wie sieht es aus mit körperlicher Aktivitäten? Ganz oft mache ich die Erfahrung dass man aus Vorsicht, Mitleid oder irgendeinem anderen Grund, falsch behandelt wird, man wird unter- oder überschätzt.

Aus diesem Grund habe ich eine Tabelle gemacht, die ich einfach, nur mit Kreuzen ausfüllen kann, und Angehörige, Therapeuten und Pfleger können mühelos, jeden Tag aufs neue, mein Befinden ablesen. Positiver Nebeneffekt ist, dass ich regelmässig damit auseinander setzen muss wie es mir geht. Man neigt ja auch dazu dass Verbesserungen oder Verschlechterungen sich verwaschen, daher dass man mehr oder weniger immer etwas hat.

> Schmerzen kategorisieren
Vers 2.0 (20. 04. 2022)

Ich werde diese Datei ausdrucken und jeden Tag ausfüllen. Ich hoffe dadurch erübrigt sich das tägliche „wie geht es dir“-Frage. Und ich werde vielleicht besser und genauer verstanden. Es wird mir sicher im Gebrauch noch etwas einfallen, daher das ist sicher nicht die letzte Version. Vielleicht profitiert noch jemand von diesen Gedanken, darum stelle ich das hier online. Wer eine Verbesserung, Anpassung oder eine gute Idee hat kann mir sehr gerne schreiben!

4 Antworten auf „Wie gehts?“

  1. Liebe Marta,
    genauso geht es meinem Mann! Es fällt ihm sehr schwer Therapeuten genau zu sagen wo „es gerade klemmt“, oder ob es ein relativ guter Tag ist – bzw. so gut er eben sein kann mit dieser Krankheit. Hinzu kommt natürlich die schlechter werdende, verwaschene Sprache.
    Du hast Dir – wieder einmal- viele Gedanken und Arbeit gemacht – super Idee die Tabelle! Hab sie schon ausgedruckt für Klaus.
    Ich sehe ihm morgens beim Aufstehen am Gesichtsausdruck schon an wie der Tag verlaufen wird…… Die ganze letzte Woche war sehr anstrengend, das Gleichgewicht schlechter und die Sprache undeutlicher als sonst.
    Die Frage „Wie gehts?“ ist oft nur eine Floskel ohne wirkliches Interesse. „Geht es Ihrem Mann wieder besser?“ beantworte ich mittlerweile nicht mehr. Immer wieder sagen zu müssen, das MSA unheilbar ist, zieht mich nur runter.
    Jetzt packe ich unsere Koffer und morgen geht es in die schönen Ammergauer Alpen – der Tapetenwechsel und die frische Luft werden uns beiden gut tun.
    Vielen Dank Marta für Deinen Einsatz! Liebe Grüße Silvia

      1. Hallo Marta,
        da hast du dir etwas wirklich hilfreiches überlegt. Zur Zeit bin ich von Schmerzen noch nicht so betroffen ( Ausnahme; Re. Arm seit Februar) aber das wird mich auch treffen. Gleichgewicht und restless legs sind zur Zeit mein Problem
        Die Frage, wie es mir geht, beantworte ich auch meistens nur kurz mit „geht so oder wie gehabt“.
        So wirds für Therapeuten / Ärzte einfacher seinund ich muss mich mit meinem Körper beschäftigen.
        Vielen Dank für deine Überlegungen. Die Tabelle drucke Ich mir aus.
        Liebe Grüße

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