Wieder ein Umzug

Ich habe mich länger nicht gemeldet jetzt – ich war halt beschäftigt! Ich bin – unglaublich aber wahr – umgezogen. Es war anders geplant und doch kam es anders. Ich kann es euch allen empfehlen, es lenkt wunderbar von MSA ab. Okay, den Stress, die Arbeit, Nerven und Geld hätte ich sparen können. Den ganzen Stress sei Dank, habe ich in den letzten ein paar Monaten auch ziemlich abgebaut, ich hoffe, mich jetzt wieder auf den alten Stand zu trainieren. Was gut ist, ich kann an meiner neuen Bleibe raus und mich bewegen, es ist weit und breit alles flach. Ich warte jetzt nur auf besseres Wetter.

Wie ich vor acht Monaten berichtet habe, bin ich in eine Wohngruppe gezogen, ich hatte Bedenken das dass Alleinsein irgendwann zur Problem wird und die Idee war sehr gut. Daran hat sich nichts geändert, es ist jedoch so, dass diese Wohngruppe nicht das war, was ich mir vorgestellt habe. Da waren viele Ideen und Pläne, nur wie ihr das auch wisst, mit MSA hat man nicht so viel Zeit. Und ich halte mich gerne an Richtlinien und Geschriebenes statt Bauchentscheidungen.

Die ganze Reise hierher war nicht einfach, nicht emotional und nicht finanziell, ich habe über 20 Jahren in München gelebt. Freunde die ich da gelassen habe, mein Haushalt die ich schweren Herzens loswerden musste (die ich zum Teil jetzt wieder neu kaufen muss), mein gewohnte Umgebung, meine Ärzte und Therapeuten die mich schon kannten… das alles musste ich verlassen.

Das ganze machte die Epidemie nicht leichter, allerdings war Covid-19 eine willkommene Erklärung für alle Dinge die nicht stattfanden. Was mich betrifft, diese Seuche war für mich ein potentieller Gefahrenquelle, auf die Fahrt von Bayern nach Hessen, die ganze Begegnungen mit fremden Menschen… 

Damit euch nicht das selbe passiert wie mir, ich schreibe mal zusammen worauf ich hätte besser aufpassen müssen und worauf man allgemein acht geben sollte. Ja, ein Umzug überlegt euch am besten sehr gut. Was verspricht ihr davon, was soll besser werden, was kann schlechter werden und ob ein Umzug überhaupt notwendig ist für eine Verbesserung. Ich weiss, der Not und Schrecken ist nach so einer Diagnose gross und man hätte gerne jemanden „der sich ein wenig auskennt“, man ist erschreckt sogar schockiert und verängstigt, Freunde und Angehörige sind überfordert, aber im Nachhinein zu reagieren ist viel komplizierter, und auch teurerer als im Vorfeld etwas aufpassen. 

  • Besucht und schaut vorher immer die ausgesuchte Einrichtung an und macht nicht den Fehler „blind zu vertrauen“.
  • Klärt alle Kosten und macht Verträge im Vorfeld.
  • Erkundigt euch ob ein Probewohnen möglich ist, und macht das mindestens eine Woche lang.
  • In Rahmen der Probewohnen schaut an, was aus der Küche kommt und ob es in eurem Sinne ist.
  • Stellt sicher, inwieweit ist die Einrichtung Behindertengerecht ist – und nicht nur Rollstuhlgerecht. Könnt ihr euch mit einem Rollator zB. autark bewegen, gibt es Stufen, Rampen und Neigungen? Sind Griffe angebracht? 
  • Ist ein selbstständiges Duschen und nutzen der Toilette möglich? Besteht Rutsch- oder Stolpergefahr? Wird die Privatsphäre beachtet? 
  • Wieviele Bäder/Duschen/Toiletten gibt es und wie verhält sich das zur Anzahl der Bewohner?
  • Hat die Einrichtung eigene Hilfsmittel wie Rollator, Duschstuhl etc.?
  • Ist es möglich das Haus zu verlassen? Sind autarke Spaziergänge möglich? Oder ist das mit Begleitung und Planung verbunden? Ist dann eine Begleitung verfügbar? Ist das alles spontan möglich?
  • Kennt man die Krankheit, oder ist es ein weiterer Ort wo MSA für ein wenig Gleichgewichtstörung gehalten wird? Ist medizinisches Personal – wenigstens an bestimmten Tagen – vor Ort?
  • Wie wird ein Notfall geregelt? Was wenn du ungünstig stürzt oder dich verschluckst, eine Entzündung hast?
  • Wird die Einrichtung von fähigen Personal geführt der keine Fehler macht, zumindest mit den allgemein bekannten Krankheitssymptomen?
  • Werden deine Anliegen ernst genommen oder wird das „an die Krankheit geschoben“?
  • Ist das Heizen/Wärme gelöst? Wir wissen das MSA-Patienten allgemein kühler als normal sind und Unterkühlung zur Sepsis führen kann.
  • Ist das Notfallteam geschult? Wäre schlecht wenn im Falle eines Notfalls der Notarzt das erste mal von MSA hört.
  • Ist das schriftlich festgelegt in welche Krankenhaus ihr möchtet und in welche nicht?
  • Gibt es eine Aufnahmebogen wo ihr eure Medikamentenplan niederlegen könnt, weitere Erkrankungen, Allergien, Vorlieben und Abneigungen? Wer richtet eure Medikamente nach welchem Ordnung und wessen Erlaubnis.
  • Finden Schulungen/Weiter-oder Ausbildung die die Krankheit betreffen statt? Wenn auch nicht live, online oder zumindest in Form von Lesematerial?
  • Wie verhält sich das Geräuschpegel? MSA-Patienten sind Geräuschempfindlich, ein Kinderspielplatz oder eine Baustelle unterm Fenster wäre ungünstig.
  • Sind die Räume verdunkelbar? Lichtempfindlichkeit ist uns allen ein Begriff.
  • Sind alle Arbeiten der Einrichtung beendet? Oder sind diese in Planung? Wenn Dinge geplant sind, wie sicher und bindend ist ein Fertigstellungsdatum?
  • Von wen können die Gemeinschaftsräume betreten werden und wird Besuch generell angekündigt? Für wen sind diese Gemeinschaftsräume frei zugänglich?
  • Gibt es Notfallpläne für den Fall es brennt oder ähnliches? Sind diese Pläne erprobt und funktionieren auch?
  • Unterliegt die Einrichtung einer Gesetz? Gesetz kann natürlich nervig sein aber immer noch besser als wenn Dinge „einfach so“ gemacht werden, weil das jemand so für gut findet. Rahmenbedingungen und Grenzen die bindend sind bieten Orientierung.
  • Gibt es Pflegedienste die bei Bedarf einen helfen den Alltag zu bewältigen?
  • Gibt es Alltagsbeschäftigung, die Möglichkeit seine Ressourcen sinnvoll einzubringen und zu fördern? Dass Tage lang sein können dass wissen wir. Menschen sollten mögen was sie tun. Ist ein Ausstellung/Kino/Theaterbesuch möglich?
  • Sind geschulte Therapeuten vor Ort? Kann eine Therapie nahtlos stattfinden? In geeigneten Räumen mit passenden Zubehör?
  • Besitzt die Einrichtung eigene Hilfsmittel wie Rollator, Duschstuhl; Aufstehhilfe etc. oder man ist an eigene Utensilien angewiesen.
  • Gibt es ein Transfer, auch für Rollstuhlfahrer geeignet?
  • Wie werden Besucher bewirtschaftet? Was ist drin, ein Glas Wasser oder eine Mahlzeit und wer bezahlt das? Sind die immer in den Gemeinschaftsräumen untergebracht (die dann für die anderen Bewohnern Einschränkungen bedeuten) oder in eigenem Zimmer oder wo anders? Laufen die dann immer unter den eigenen Fenster?
  • Ist es möglich mit Bewohnern zu sprechen die schon seit länger da wohnen?
  • Arbeitet die Einrichtung mit einem Sozialdienst zusammen und sind die Pflichten, wer was tun muss, soll, darf, geregelt?

Wenn euch noch etwas einfällt bitte um Ergänzungen. Wer noch gezielte Fragen hat, schreibt mir bitte eine Email.

Jetzt bin ich wieder in einem „normalen Wohnung“, also wieder in der Situation wo ich vorher war, mal sehen wie lange ich so weitermachen kann. Ich hoffe noch eine Weile, damit die ganze neu gekaufte Sachen sich lohnen. Was erfreulich ist, und sich im Nachhinein rausstellte, das Sozialdienst das mich vorher auch betreut hat ist hier ganz in der Nähe, ich habe daher bekannte Gesichter um mich. 

Meine Unterstützung plane ich nach einem Baukastensystem. Meine Betreuerin bleibt die selbe wie früher auch, die ist ein Geschenk für mich und gold wert. Egal was ich brauche und wo ich hin muss, was ich besorgen muss, sie kümmert sich. Sie vergisst nie etwas und sie weiss wann sie Fragen stellen muss und wann nicht. Sie fährt mit mir zum Arztterminen und an Ämter. Oder sie geht für mich zur Post, mit mir spazieren, Kaffe trinken, Eis essen oder sitzt und quatscht sie mit mir wenn ich möchte. Ich hätte so eine Assistentin gebraucht als ich noch gesund war…
Fragt bei einem Sozialdienst eure Wahl. Die Pflegekasse unterstützt es mit 125.,- Euro pro Monat.

Die Betreuerin macht auch bei Bedarf deine Wohnung sauber. Dafür ist mir meine Betreuerin fast zu Schade, ich werde mich da anderweitig umschauen und eine Reinigungskraft suchen. Allerdings das wird wieder eine Person mehr um mich aber die habe ich auch gerne.

Ausserdem ich habe helfende Menschen um mich, die sind das beste was mir hier passiert ist!

Ich habe zusätzlich ein Hausnotruf besorgt (DRK, Johanniter, Malteser, Caritas bieten das an), das ist ein zusätzlicher Sicherheitsgefühl.

Ich habe auch ein Apple Watch gekauft (ich bin generell Apple User), die Modelle ab 4.0 haben ein Sturzmelder. Im Falle eines Sturzes, wenn ich mich 60 Sekunden lang nicht bewege, ruft das Gerät 112 an und schickt meine GPS-Koordinaten. Ich finde das gut!

Essen lasse ich mir liefern, da gibt es viele Kantinen und Restaurants.

Wenn es notwendig sein wird, werde ich Pflegedienst rufen für den morgendlichen/abendlichen Wasch- Anzieh-Zeremonie – die sind ja hier nicht weit.

Ich bin zwar nicht in meinen alten Heimat aber ich habe viele neue, nette und hilfsbereite Gesichter um mich. Wenn ich was habe, muss ich laut rufen. Nur wenn diese blöde Krankheit nicht wäre…

6 Antworten auf „Wieder ein Umzug“

  1. Liebe Marta,

    ich finde es erstaunlich, wie du mit dieser gemeinen Krankheit umgehst. Du hast meinen größten Respekt.

    Mein Papa hatte diese Krankheit und es war ganz furchtbar, für uns alle.

    Ich wünschte es gäbe ein Mittel, das die Krankheit heilt oder zumindest signifikant verlangsamt.

    Alles Liebe,
    Julia

  2. Liebe Marta,

    Meinen Größten Respekt für diese Entscheidung. Was einem nicht gut tut muss man versuchen zu ändern. Ich war, wenn auch nur als Frau des von MSA C Betroffenen, auch gerade in so einer Situation. Ich habe mich auf Arbeit massiv in die Ecke gedrängt gefühlt. Nach einem langen. Gespräch mit meiner Therapeutin habe ich heute einen radikalen Schnitt gemacht. Ich will solange es geht noch paar Stunden arbeiten, aber mein Mann steht immer an erster Stelle und für ihn will ich da sein. Werde jetzt zu meinen Bedingungen wieder in der ambulanten Kinder Intensiv arbeiten. Der Mangel an Fachkräften lässt zu das man vorgibt an wie viel man arbeiten und an welchen Tagen nicht.
    LG
    Claudia

  3. Liebe Martha,
    ich hab großen Respekt vor Deinen Umzügen! Mir wird immer deutlicher, wie gut ich es mit meiner Situation habe ( Ehemann, ziemlich ebenerdiges Haus). Alles Gute und viel Selbständigkeit, solange es nur geht, wünscht Dir
    Ute

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