Der Fluch einer seltenen Krankheit

Durch einen Zufall bin ich ohne Arzt geblieben. Mein Hausarzt ist unglücklicherweise verstorben, meine Neurologin in Mutterschutz und mein Haus-Krankenhaus macht die Abteilung „Neurologie“ zu. Dazu kommt noch dass meine Physiotherapeutin auch weg ist,  und ich eine neue bekomme, vor kurzem ist meine sehr engagierte Logopädin umgezogen. Ich habe inzwischen eine neue und sie ist zum Glück auch toll. Der Rest ist in Arbeit…

Was ich eigentlich sagen will, dass ich überall vom Neuen anfangen darf zu erklären, was ich habe. Und das Medizinern, angefangen von Sprechstunden-Hilfen bis zu den Ärzten, medizinischem Personal. Und das ist mit der Zeit, einfach nur Nervenaufreibend. Natürlich, erstmal halten mich alle für einen am Parkinson erkrankten. In meiner Akte steht ja „Atypische Parkinson“ und ich wünschte der Sammelbegriff würde anders heissen, denn alle schauen mich an und sagen, da steht doch, Parkinson. Und da muss ich klugscheissen, leider da steht „Atypisch“ auch, und das hat eine Bedeutung. Kein Mediziner lässt sich gerne belehren, die haben ja Jahrelang studiert, ich höre oft raus aus deren Text dass die nicht wissen, womit sie zu tun haben. Ich frage immer höflich, ob die die Krankheit kennen, was dann „selbstverständlich“ der Fall ist. Dabei würde ich alles verwetten, dass die das erste Mal einen MSA-Patienten sehen, und höre schon aus dem gesagten raus, dass die nicht wissen, womit sie zu tun haben. Ich kann aber nicht einfach anfangen die zu belehren – ich habe über diese Krankheit Monatelang gelesen und inzwischen weiss vieles besser, als die meisten Ärzte – aber da würde ich mich sofort unbeliebt machen.

Ein Arzt wollte mich vor kurzem trösten, da im Befund „wahrscheinlicher“-MSA steht, dass heisst aus seiner Sicht, dass da die  wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Diagnose falsch sein kann. Ich habe versucht ihn zu erklären was „wahrscheinlich“ und „möglich“ bedeutet, da  hat er abgewunken, „sie können das ja nicht verstehen, sie haben keine Medizinische Ausbildung“. Ich dachte, ich muss Feuer speien.

Ich wäre sehr froh an Parkinson erkrankt zu sein, und die Diagnose „wahrscheinlich“ kann sich von mir aus auch noch ändern, dann habe ich eben nicht die Pest, sondern die Cholera. Macht es das ganze besser?

Diese ständige Belehren ist sehr ermüdend. Ich verstehe es vollkommen, dass man MSA nicht kennt, ich habe auch nie davon gehört. Mediziner haben es in ihrer Ausbildung vielleicht mal neben bei erwähnt. Sogar Neurologen haben noch nie einen MSA-Kranken gesehen und sind überfordert. Aber dass Mediziner zu Stolz sind nachzulesen und es zuzugeben, dass sie es nicht kennen, ist echt zermürbend.

Das Ämter die Krankheit nicht kennen, davon könnt ihr alle wahrscheinlich einen Lied singen. Alles wird erstmal abgelehnt, von Versorgungsamt bis zu der Krankenkasse, und alle verstecken sich hinter ihre Schreibtische und machen Dienst nach Vorschrift. Und uns läuft die Zeit davon.

Es wird überall in Medien von Parkinson und Multiple Sklerose geredet, ohne zu erwähnen dass da eine seltene „Geschwister“ dieser Krankheiten, namens Multisystematrophie vorhanden ist. Von „Parkinson Plus-Syndromen“ gibt es noch auch andere, zBs. PSP und CBD . Eine seltene Krankheit ist eine, die 3 bis 4 pro 100.000 Menschen betrifft. Dazu gehört MSA auch.

Dass ist der Grund, warum ich schon manchmal wünsche, hätte bloss diese Krankheit einen prominenten Opfer, damit es Aufmerksamkeit und Interesse auf sich zieht – und somit zur Aufklärung beisteuert. Eine berühmte Persönlichkeit, für wen die Allgemeinheit sich interessieret. So ein Wunsch ist fast zu böse, eigentlich wünsche ich diese Krankheit niemanden.

Es gibt Gesellschaften, die unermüdlich die Interessen der Erkrankten vertreten, die für uns sprechen, das ist sicherlich eine undankbare und mühselige Arbeit. Für ein Handvoll Menschen etwas tun, wird sich nicht wirklich bemerkbar machen. Damit wird niemand berühmt. Darum bin ich Menschen und Ärzten so dankbar, die dies zur Aufgabe gemacht haben, es wird dafür keine Lorbeeren geben, das muss Berufung sein. 

Aber manchmal wünsche ich mir einen prominenten Mit-Patienten. Böse, stimmt?

4 Antworten auf „Der Fluch einer seltenen Krankheit“

  1. Liebe Marta,
    ich kann zu 100 % nachvollziehen, was Du in diesem Blog beschreibst. Meine Mutter (76) ist auch an MSA erkrankt, seit Anfang 2019 haben wir die Diagnose, vorher hieß es ab September „nur“ Parkinson.
    Die Unfähigkeit der Ärzte, der Schwestern im Krankenhaus, der Therapeuten mit dieser Krankheit umzugehen, sich einzulesen und kreativ zu werden, ist schwer erträglich. Man kann von Glück sagen, wenn man nicht als dement und unzurechnungsfähig abgestempelt wird. Es zermürbt.
    Ich drück Dir die Daumen, dass Du ein gutes Netz von Freunden, Ärzten, Therapeuten um Dich scharen kannst.
    LG,Nicola

    1. Vielen Dank Nicola! Ich denke nur immer, wenn ich so gearbeitet hätte (alles unbekannte einfach abgelehnt), wäre ich in kürzeste Zeit gekündigt….
      Grüße deine Mama!
      LG, Marta

  2. Liebe Marta, liebe Marion,
    ich bin heute nach langer Suche nach einem Forum oder Ähnlichem auf euren Blog gestoßen und habe diesen gleich abonniert. Obwohl es mir am liebsten wäre, wenn niemand diese Krankheit hätte, freue ich mich doch sehr, endlich Gleichgesinnte gefunden zu habe. Meine Diagnose wahrscheinliche MSA-C habe ich im August 2019 erhalten und stehe nun vor einem Berg von Fragen. Vielen Dank für eure Offenheit!
    LG Manuela

    1. Liebe Manuela, schön dass Du uns gefunden hast, schöner wäre es, wenn es dafür nie einen Anlass gegeben hätte. Wir beide wurden 2018 diagnostiziert, aber ich habe inzwischen die Meinung dass die Zeitpunkt der Diangnose unrelevant ist, wenn man den Stand ermitteln möchte, in welcher „Entwicklugsphase“ dieser grausamen Krankheit steckt. Schreib uns gerne an wenn du was fragen möchtest! Emailadressen sind rechts unten! Alles Gute für Dich!

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