Meine Schwester ist meine Schwester und nicht meine Krankenschwester

Neulich meinte meine Schwester zu mir, als ich eine Falte in der Unterlage anprangerte: „Himmel Herrgott nochmal, bis man dich mal im Bett hat.
Nur zur richtigen Einschätzung, wir sprechen mitunter, etwas läppsch miteinander, was vieles einfacher macht.
Kaum ausgesprochen, da liefen sie alle vor meinem geistigen Auge auf und ab, die Damen und Herren, bei denen schon mal etwas länger brauchte  bis alles so lag wie es sollte.
Ich wollte nie so werden – Pech gehabt. Ich konnte sie ja verstehen, besagte  Damen und  Herren, so von wegen , das Einzige was  Ich noch kontrollieren kann und so. Nun gut aber ein bisschen peinlich war es schon.
Je nach Tagesform,  benötige ich beim zu Bett gehen, mal mehr  oder mal weniger Hilfe. Aber es ist definitiv immer ein Abendteuer. Es gibt was zu klettern, was zu rollen, was zu rutschen, was zu halten und was zu schieben. Wenn es gut läuft, dauert es 10 min, mitunter auch schon mal 20/25 min.
Wenn sich das auch locker-flockig liest, so habe ich mir das doch eher anders vorgestellt. Und ich denke meine Schwester auch.  Falsch gedacht.
Ich mache keinen Unsinn. Ich bin ja nicht dement.
Nein, dement bin ich nicht und auch ich möchte solange wie möglich die Kontrolle über mich und mein Leben haben. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Man möchte ja nicht mehr Arbeit machen als notwendig.
Ich weiß, ich habe öfters meine Krankheiten vergessen, war unvorsichtig, habe gearbeitet bis es wirklich nicht mehr ging, habe alleine gewohnt bis die Stürze mit einem Besuch in der Notaufnahme endeten.

In meiner Vorstellung, über den Verlauf von MSA, habe ich diese Zeit des Übergangs übersprungen, diese Zeit wo die  Menschen in meiner Nähe vorwiegend in gebückter Haltung anzufinden sind. Mal ohne aber meist mit Lappen.
Diese Übergangszeit wo man durch zunehmende Unselbstständigkeit immer abhängiger wird von seinem Umfeld.
Zu Anfang konnte ich noch helfen.  Habe  niedere Küchenarbeiten verrichtet, so nennen wir das Kartoffel und Gemüse schälen, habe Unkraut gezupft konnte noch alleine einkaufen fahren,
was auch nicht immer schön war, weil deine Mitmenschen nur das sehen was sie sehen möchten. Und das ist eine torkelnde Endvierzigerin, die viel zu langsam an der Kasse ist.

Mittlerweile muss meine Schwester sozusagen meine Füße ersetzen, weil ich nicht mehr so gut laufen kann. Sie bringt meine Tabletten, Getränke, Mahlzeiten und selbst meine Bastelsachen kann ich nicht mehr alleine holen. Das hat gedauert bzw. dauert noch an bis ich das verinnerliche und das macht es nicht einfach. Ich bekomme auch die Krise, wenn Leute sie als meine Privatschwester bezeichnen, Sie ist meine Schwester! Und MSA ist nicht gerade Vergnügenssteuerpflichtig.
Hinzukommt, dass ich wahrscheinlich nicht mehr so lange Treppen klettern kann.
Das ist doch alles k…da auch die Sache mit der Treppensteighilfe (scalacombi) aus bautechnischen Gründen nicht funktioniert, ebenso kein Lifta ins Treppenhaus passt.
Ich komme mir vor wie Rapunzel nur ohne Prinz!

3 Antworten auf „Meine Schwester ist meine Schwester und nicht meine Krankenschwester“

  1. …ach Marion – ich verstehe dich nur zu gut! Das sind meine Schwester und ich so vor 2 Jahren, nur dass ich die mit dem Lappen war.
    Ich weiß dass es dich nicht tröstet, aber ja – auch anderen MSA-Patienten geht es so. Meine Schwester schlief letztendlich im Wohnzimmer und bis das Kissen so lag, bis sie es einigermaßen bequem hatte konnten auch schon mal 15 bis 30 Minuten vergehen – nur ein Millimeter konnte die Nacht verderben oder eben auch nicht.
    Aber wir Schwestern sehen euch so, wie ihr seid – als UNSERE SCHWESTER und nicht als Belastung sondern als Bereicherung unseres Lebens – das sehe ich auch noch heute so, auch wenn meine Schwester nur noch über den Kommunikator mit mir reden kann – und für Außenstehende unverständlich, dass auch wir nachwievor „läppsch“ miteinander reden – aber warum auch nicht? Wir kennen uns schließlich unser gesamtes Leben lang und klar würde ich lieber mit ihr am Strand spazieren gehen als sie jetzt mit dem Rollstuhl durch enge Läden fädeln zu müssen. Aber die Dinge sind nun mal, wie sie sind. Punkt. Wir genießen unsere gemeinsame Zeit eben so, wie sie jetzt ist.

    1. Hallo Karin .
      Vielen Dank für deine lieben Worte und Grüße an deine Schwester unbekannterweise.
      Et kütt wie er kütt sagt man bei uns in Köln. Nur das beste für euch

  2. Hallo Marion,

    ich meine ich verstehe dich und deinen Blog gut.

    Wir wären gern nicht so abhängig, aber wir sind an einem Punkt angekommen wo es nicht anders geht.
    Wir lernen dass uns das Leben aus der Kontrolle gerät und wir müssen lernen damit umzugehen.
    Da hilft auch keine Willenskraft mehr und du hast wirklich viel davon.

    Liebe Grüße, Martin

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